Einleitung
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) ist der häufigste primäre Lebertumor und tritt häufig zusammen mit einer Leberzirrhose auf. Leberfunktionsstörungen, wie sie bei der Child-Pugh Klasse B (CP-B) auftreten, beeinflussen nicht nur die Prognose, sondern auch die Sicherheit und Wirksamkeit systemischer Krebstherapien. Traditionell wurden Patienten mit CP-B in klinischen Studien ausgeschlossen, wodurch die beste unterstützende Pflege (BSC) oft die einzige empfohlene Behandlungsoption blieb.
Neue Erkenntnisse zur Immuntherapie
Aktuelle Studien, wie die von Claudia Angela Maria Fulgenzi, MD, und ihrem Team, haben jedoch das Potenzial der Immuntherapie bei Patienten mit unresektablem HCC (uHCC) und CP-B Leberdysfunktion untersucht. Die Ergebnisse dieser Studien sind vielversprechend und werfen die Frage auf, ob die Immuntherapie eine sichere und wirksame Alternative zur BSC sein könnte.
Studienüberblick
Diese retrospektive, multizentrische Fallserie untersuchte 343 Patienten mit CP-B und uHCC, die entweder eine Immuncheckpoint-Inhibitor (ICI)-basierte Therapie oder BSC erhielten. Die Patienten wurden von September 2017 bis Dezember 2022 in tertiären Versorgungszentren in Europa, den USA und Asien behandelt.
Ergebnisse
Die Studie fand heraus, dass die ICI-basierte Therapie mit einer signifikanten Reduktion des Sterberisikos im Vergleich zur BSC verbunden war. Die mediane Überlebenszeit betrug in der ICI-Gruppe 7,50 Monate im Vergleich zu 4,04 Monaten in der BSC-Gruppe. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Immuntherapie eine effektive Behandlungsoption für Patienten mit uHCC und CP-B sein könnte.
Diskussion
Die Verbesserung der Überlebensraten bei Patienten mit CP-B und uHCC durch die Immuntherapie stellt einen bedeutenden Fortschritt dar. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass diese positiven Ergebnisse trotz der bisherigen Exklusion dieser Patientengruppe aus vielen klinischen Studien erreicht wurden. Die Behandlung mit Atezolizumab plus Bevacizumab oder Nivolumab zeigte eine akzeptable Sicherheitsbilanz, wobei schwere Nebenwirkungen selten waren.
Einschränkungen der Studie
Es ist wichtig zu beachten, dass die retrospektive Natur der Studie gewisse Limitationen mit sich bringt. Dazu gehören das Risiko einer Selektionsverzerrung und nicht erfasste Störfaktoren. Trotz sorgfältiger statistischer Anpassungen können diese nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Schlussfolgerung
Die vorliegenden Ergebnisse bieten erste Hinweise darauf, dass ICI-basierte Therapien eine vielversprechende Behandlungsoption für Patienten mit uHCC und CP-B Leberdysfunktion sein könnten. Weitere prospektive Studien sind notwendig, um diese Ergebnisse zu bestätigen und die Immuntherapie als Standardbehandlung für diese Patientengruppe zu etablieren.