
Die Frage, ob das Screening auf Brust- oder Darmkrebs zu einer längeren Überlebenszeit führt, ist ein komplexes Thema, das sowohl Studien als auch statistische Analysen berücksichtigen muss. Im Mittelpunkt stehen dabei häufig die 5-Jahres-Überlebensraten und die Reduktion der Sterblichkeit. Werfen wir einen genaueren Blick auf das, was die Forschung bis 2024 dazu sagt:
Brustkrebs-Screening:
Überlebensraten: Wenn Brustkrebs frühzeitig entdeckt wird (insbesondere in Stadium 0 oder I), ist die 5-Jahres-Überlebensrate extrem hoch, oft bei 99% oder sogar 100%. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass eine frühe Erkennung, die durch das Screening ermöglicht wird, die Überlebenschancen erheblich verbessern kann. Allerdings sind diese Raten auch von sogenannten Lead-Time- und Length-Time-Biases beeinflusst. Das bedeutet, dass frühe Entdeckungen oft auch Tumore aufdecken, die möglicherweise keine Gefahr für das Leben der Betroffenen dargestellt hätten (Überdiagnose). Dadurch können die Statistiken zur Überlebensrate verbessert erscheinen, ohne dass tatsächlich die Lebensdauer verlängert wurde.
Sterblichkeitsreduktion: Studien zeigen, dass Mammographie-Screenings die Sterblichkeit durch Brustkrebs reduzieren können. Insbesondere für Frauen im Alter von 50 bis 74 Jahren gibt es deutliche Hinweise auf einen Nutzen. Bei jüngeren Frauen, insbesondere in den Vierzigern, sind die Vorteile weniger eindeutig, und das Gleichgewicht zwischen Nutzen und potenziellen Risiken (wie falsch positiven Ergebnissen oder Überdiagnosen) ist schwieriger zu bewerten.
Gesamtüberleben unabhängig von Krebs: Wenn man das Gesamtüberleben betrachtet, unabhängig vom Krebs, sind die Vorteile des Brustkrebs-Screenings weniger eindeutig. Überdiagnosen und Überbehandlungen können zu unnötigen Eingriffen führen, die die Lebensqualität beeinträchtigen, ohne die Lebensdauer zu verlängern. Zudem kann der Lead-Time-Bias den Anschein erwecken, dass das Screening die Überlebenszeit verlängert, obwohl dies nicht zwangsläufig der Fall ist. Auch das Risiko falsch positiver Ergebnisse und die damit verbundene psychische Belastung können die Vorteile des Screenings in Bezug auf das Gesamtüberleben schmälern.
Darmkrebs-Screening:
Überlebensraten: Auch beim Darmkrebs-Screening, wie etwa bei der Koloskopie, können durch frühe Erkennung von Krebsvorstufen Polypen entfernt werden, bevor sie zu Krebs werden. Wird Darmkrebs in einem frühen Stadium entdeckt, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei etwa 90% für lokal begrenzte Tumore.
Sterblichkeitsreduktion: Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Screening-Methoden wie die Koloskopie, die Sigmoidoskopie oder der Test auf okkultes Blut im Stuhl (FOBT) die Sterblichkeit durch Darmkrebs senken. Dies liegt daran, dass durch das Screening sowohl Krebsvorstufen erkannt und entfernt als auch der Krebs frühzeitig, in einem behandelbaren Stadium, erkannt werden kann.
Gesamtüberleben unabhängig von Krebs: Auch beim Darmkrebs-Screening ist der Effekt auf das Gesamtüberleben weniger klar. Zwar können präventive Eingriffe, wie das Entfernen von Polypen, Krebs verhindern, aber die Auswirkungen auf das Gesamtüberleben sind oft von anderen Faktoren wie Begleiterkrankungen und möglichen Komplikationen der Eingriffe abhängig. Lead-Time- und Length-Time-Biases können die Statistiken ebenfalls beeinflussen, und das Risiko unnötiger Behandlungen muss berücksichtigt werden.
Allgemeine Beobachtungen:
Wirksamkeit des Screenings: Sowohl Brust- als auch Darmkrebs-Screenings tragen nachweislich zur Verbesserung der Überlebensrate bei der Bevölkerung bei, die diese Untersuchungen durchführt. Diese Vorteile müssen jedoch gegen die potenziellen Risiken abgewogen werden, wie z.B. Überdiagnosen, unnötige Behandlungen durch falsch positive Ergebnisse und Risiken, die mit den Untersuchungsverfahren selbst verbunden sind.
Interpretation der Überlebensraten: Die mit dem Screening verbundenen verbesserten Überlebensraten können durch Biases wie den Lead-Time-Bias (längere Überlebenszeit aufgrund einer früheren Diagnose, ohne dass der Krankheitsverlauf geändert wurde) oder den Length-Time-Bias (Screening entdeckt eher langsamer wachsende Tumore) manchmal irreführend sein.
Auswirkungen im realen Leben: Persönliche Erfahrungen und Berichte zeigen, dass das Screening für manche Menschen lebensrettend war, da der Krebs frühzeitig erkannt wurde. Andere berichten jedoch, dass die fehlende Teilnahme an einem Screening zu schlechteren Ergebnissen geführt hat. Dies verdeutlicht, dass die Effektivität des Screenings individuell unterschiedlich sein kann.
Fazit
Während sowohl das Brust- als auch das Darmkrebs-Screening in zahlreichen Studien mit höheren Überlebensraten und einer geringeren Sterblichkeit in Verbindung gebracht werden, bleibt die Frage, ob diese Untersuchungen für jede einzelne Person zu einer «längeren Gesamtüberlebenszeit» führen, oft differenziert zu betrachten. Der allgemeine Konsens ist, dass regelmäßiges Screening auf Populationsebene einen positiven Beitrag zur Überlebensrate leisten kann, insbesondere durch die Entfernung von Krebsvorstufen beim Darmkrebs-Screening oder durch die frühe Erkennung im Brustkrebs-Screening. Dennoch können individuelle Ergebnisse variieren, und die Diskussion um das Screening umfasst oft auch Überlegungen zur Lebensqualität, das Risiko von Überdiagnosen sowie das Gleichgewicht zwischen Nutzen und Risiken.