🧬 Epigenetische Alterung bei Diabetes: Biomarker für Sterblichkeitsrisiko oder Hype?

In der modernen Präventionsmedizin wächst das Interesse an biologischen Alternsmarkern – besonders an epigenetischen Uhren, die unser „wahres“ biologisches Alter bestimmen sollen. Doch wie aussagekräftig sind sie wirklich – insbesondere bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes?

Eine aktuelle Studie, veröffentlicht in Clinical Epigenetics (Wu et al., 2025), liefert beeindruckende Ergebnisse: Die sogenannte AgeAccelGrim2, ein epigenetischer Alterungsmarker der dritten Generation, ist bei Menschen mit Diabetes oder Prädiabetes ein starker Prädiktor für die Sterblichkeit. Und sie könnte sogar erklären, warum bestimmte Lebensstilfaktoren das Leben verkürzen.


🔍 Was wurde untersucht?

Die Studie analysierte Daten von 1.199 Personen mit Diabetes oder Prädiabetes aus dem US-weiten NHANES-Register. Alle Probanden wurden im Durchschnitt über 14 Jahre hinweg beobachtet. Es wurde untersucht, wie stark verschiedene epigenetische Uhren – darunter GrimAge2, PhenoAge und DunedinPoAm – mit dem Sterberisiko zusammenhängen.

Der zentrale Begriff: DNAmAA (DNA methylation age acceleration), also die Differenz zwischen biologischem und chronologischem Alter.


đź§Ş Die wichtigsten Ergebnisse

  • AgeAccelGrim2 war der stärkste Prädiktor fĂĽr das Sterberisiko:
    • Pro 5 Einheiten Anstieg stieg das Risiko fĂĽr Gesamtmortalität um 35 %
    • FĂĽr kardiovaskulären Tod um 50 %
    • FĂĽr nicht-kardiovaskulären Tod um 30 %
  • Auch in Untergruppen (nur Diabetes, nur Prädiabetes) blieben die Ergebnisse signifikant.
  • Weitere epigenetische Uhren wie PhenoAge oder DunedinPoAm zeigten zwar auch Zusammenhänge, aber schwächer und weniger konsistent.

đź§  Warum ist das relevant?

Die epigenetische Alterung scheint nicht nur mit Krankheiten assoziiert zu sein – sie könnte auch der Mechanismus sein, über den ungünstige Lebensstilfaktoren (z. B. Bewegungsmangel, schlechte Ernährung, chronische Entzündung) das Sterberisiko erhöhen.

Das zeigt sich z. B. bei der Life’s Simple 7 Score (Risikoprofil der American Heart Association):
Ein schlechter Score war mit höherer Mortalität assoziiert – und dieser Effekt wurde zu fast 50 % durch AgeAccelGrim2 vermittelt. Ähnliches galt für den Frailty Score und den Oxidative Balance Score.


đź’ˇ Fazit: Potenzial fĂĽr die Praxis?

Diese Daten legen nahe, dass AgeAccelGrim2 ein valider Biomarker für das biologische Alter und das Krankheitsrisiko bei metabolischen Erkrankungen sein könnte. Er eignet sich nicht zur allgemeinen Früherkennung, aber:

✅ Sinnvoll bei personalisierter Risikostratifizierung, z. B. in der Prädiabetes-Beratung
✅ Mögliches Ziel für präventive Interventionen, z. B. Lebensstiloptimierung, Entzündungshemmung
❌ Noch keine klinische Anwendung – es fehlen prospektive Interventionsstudien


🧬 Epigenetik als Wegweiser für Prävention?

Die Studie unterstreicht die Bedeutung von biologischem statt rein chronologischem Alter in der Präventionsmedizin. Wer jung aussieht, lebt nicht zwingend länger – aber wer epigenetisch jung bleibt, hat gute Chancen auf ein längeres, gesünderes Leben.

Nächste Schritte:
Die Validierung dieser Biomarker in größeren, internationalen Kohorten – und die Untersuchung, ob gezielte Maßnahmen die epigenetische Alterung verlangsamen können.

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