Das Pankreaskarzinom zählt zu den tödlichsten Krebserkrankungen weltweit. Die Prognose ist düster: weniger als 10 % der Patient:innen überleben die ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung. Klassische Behandlungen wie Operation, Chemotherapie und Bestrahlung bringen meist nur begrenzten Nutzen. Doch es gibt Hoffnung: CAR-T-Zelltherapie, eine individualisierte Form der Immuntherapie, hat sich bei hämatologischen Erkrankungen bereits bewährt und zeigt nun erste Erfolge auch bei soliden Tumoren – darunter dem Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Was ist CAR-T-Zelltherapie?
Die CAR-T-Zelltherapie (chimeric antigen receptor T cell therapy) basiert auf der gentechnischen Veränderung körpereigener T-Zellen. Diese werden aus dem Blut des Patienten isoliert, im Labor so modifiziert, dass sie bestimmte Tumorantigene erkennen und gezielt angreifen können, und anschließend dem Körper wieder zugeführt.
Der Trick: Die modifizierten T-Zellen tragen einen chimären Antigenrezeptor, der die Erkennung und Zerstörung der Tumorzellen ermöglicht – unabhängig vom MHC-System, was bei Tumoren mit geringer Mutationslast wie dem Pankreaskarzinom besonders wichtig ist.
Herausforderungen bei der Anwendung bei soliden Tumoren
Trotz des Erfolgs bei Leukämien und Lymphomen ist die Anwendung bei soliden Tumoren wie dem Pankreaskarzinom komplex. Hauptgründe dafür sind:
- eine dichte, fibröse Tumorstroma, die wie ein Schutzschild gegen Immunzellen wirkt,
- ein immunsuppressives Mikromilieu, geprägt durch Zytokine wie IL-6, TGF-β und regulatorische T-Zellen,
- fehlende, klar tumorspezifische Zielantigene,
- und die Gefahr von «On-Target, Off-Tumor»-Toxizität, wenn Zielstrukturen auch auf gesundem Gewebe vorhanden sind .
Zielstrukturen: Claudin18.2, Mesothelin, CEA, PSCA und mehr
Forscher:innen haben mehrere Zielantigene identifiziert, die bei Pankreaskarzinomen vermehrt exprimiert sind:
- Claudin18.2 (CLDN18.2): ein Tight-Junction-Protein, das in Pankreas-, Magen- und Gallengangskarzinomen vorkommt. Die CAR-T-Zelllinie CT041, die auf CLDN18.2 abzielt, wurde in mehreren Studien erprobt. In zwei Fallberichten aus China zeigten metastasierte Patientinnen nach Versagen der Standardtherapie beeindruckende Reaktionen – darunter eine vollständige Remission von Lungenmetastasen über 24 Monate hinweg. In einer gepoolten Analyse zweier Studien mit insgesamt 24 Patient:innen lag die objektive Ansprechrate bei 16,7 %, die Krankheitskontrollrate bei 70,8 %, mit einem medianen Gesamtüberleben von 10 Monaten – ein vielversprechender Wert in dieser Patientengruppe.
- Mesothelin: stark überexprimiert bei bis zu 85 % der Pankreastumoren, mit begrenzter Expression im gesunden Gewebe. CARs gegen Mesothelin wurden in präklinischen Modellen erfolgreich getestet .
- PSCA (Prostate Stem Cell Antigen): Eine Phase-I-Studie zu BPX-601, einer CAR-T-Zelltherapie mit pharmakologisch steuerbarem «ON-Switch» (Rimiducid), zeigte Aktivität gegen metastasiertes Pankreaskarzinom. Auch wenn schwerwiegende Nebenwirkungen in der höchsten Dosisgruppe auftraten, belegen die Daten das Machbarkeitspotenzial einer extern steuerbaren CAR-T-Zelltherapie.
- Weitere Zielstrukturen: CEA, MUC1, CD24, FAP, HER2 – alle in klinischer oder präklinischer Erprobung.
Moderne CAR-Designs: Von Generation 1 bis zu „Armored CARs“
Die ursprünglichen CARs enthielten nur eine CD3ζ-Signaldomäne. Moderne Konstrukte der zweiten und dritten Generation beinhalten zusätzliche kostimulatorische Domänen wie CD28 oder 4-1BB, die Expansion und Überlebensdauer der Zellen steigern.
„Armored CARs“ der vierten Generation gehen noch weiter:
- Sie können Zytokine wie IL-12 oder IL-18 selbst produzieren,
- sie sind mit Suizidschaltern ausgestattet, die bei schwerwiegenden Nebenwirkungen aktiviert werden können,
- und einige Designs kombinieren CAR-T-Zellen mit Checkpoint-Blockade, z. B. durch PD-1-Knockout oder Antikörperproduktion .
Was bringen klinische Studien und was fehlt noch?
Zahlreiche klinische Studien weltweit testen CAR-T-Zelltherapien gegen verschiedene Zielantigene. Besonders Studien aus China liefern viele Daten – unter anderem zu CT041 und EpCAM-gerichteten CARs. Dennoch sind viele dieser Therapien:
- nur in Phase I/Ib,
- zeigen geringe bis moderate Ansprechraten,
- und benötigen eine sorgfältige Patientenselektion – idealerweise basierend auf Tumorantigenexpression (z. B. Claudin18.2-positiv bei IHC).
Gleichzeitig gibt es technologische Fortschritte wie die Transduktion von Chemokinrezeptoren (z. B. CCR2), um die Infiltration der T-Zellen in das Tumorgewebe zu verbessern.
Fazit: Ein Hoffnungsschimmer am Horizont
CAR-T-Zelltherapie für das Pankreaskarzinom ist (noch) keine Standardtherapie – aber sie ist ein aufstrebender Hoffnungsträger. Besonders für Patient:innen, die bereits Standardtherapien ausgeschöpft haben, könnte sie neue Überlebenschancen bieten. Noch ist vieles unklar: Welche Zielantigene sind sicher genug? Welche Dosierung verträglich? Wie lässt sich das Mikromilieu „knacken“?
Doch die bisherigen Ergebnisse – gerade bei CLDN18.2-gerichteten Therapien – zeigen: Die Richtung stimmt.
Quellen:
- Qi et al. J Hematol Oncol, 2023
- Qi et al. J Clin Oncol, 2024
- Stein et al., Nat Commun, 2024
- Akce et al., Frontiers in Immunology, 2018